Viele Frauen zwischen 40 und 60 kennen das Gefühl:
Mehr Bauch, weniger Kraft, und der Körper fühlt sich „anders“ an – trotz gesunder Ernährung und Bewegung. Gleichzeitig hält sich hartnäckig der Mythos, dass Krafttraining mit freien Gewichten „zu heftig“ oder gefährlich sei, gerade in und nach den Wechseljahren.

Eine aktuelle Studie aus Deutschland nimmt genau das unter die Lupe und liefert spannende – und sehr alltagstaugliche – Ergebnisse (Isenmann et al., 2023).

Worum ging es in der Studie?

In der Studie von Isenmann und Kolleg:innen nahmen 41 gesunde Frauen zwischen 40 und 60 Jahren teil. Sie wurden anhand ihrer Hormonwerte in zwei Gruppen eingeteilt:

  • prämenopausal (also noch vor den eigentlichen Wechseljahren) und
  • postmenopausal (mindestens 12 Monate ohne Menstruation). (PMC)

Der Ablauf:

  • 10 Wochen Kontrollphase: keine strukturierte sportliche Aktivität, u. a. bedingt durch die Corona-Studio-Schließung.
  • 10 Wochen Krafttraining mit freien Gewichten:
    • 2 Einheiten pro Woche
    • 6–8 Sätze pro Muskelgruppe pro Woche
    • Übungen u. a. Kniebeuge mit Langhantel (Box Squat), Bankdrücken, Rudern / Latziehen, Rumpfübungen (inkl. Plank) (PMC)

Die Frauen trainierten entweder mit

  • moderater Intensität (ca. 75 % des 1RM, also des theoretischen Maximalgewichts für 1 Wiederholung) oder
  • geringer Intensität (ca. 50 % 1RM, dafür mehr Wiederholungen). (PMC)

Gemessen wurden u. a.:

  • Muskelmasse und Fettmasse
  • Muskel­dicke (z. B. Oberschenkelmuskulatur)
  • Maximalkraft in Kniebeuge und Bankdrücken
  • Griffkraft

Wichtig: Alle Einheiten waren supervidiert – also unter Anleitung – und es traten keine Trainingsverletzungen auf. (PMC)


Was kam dabei heraus?

Die Kurzversion:

  • Krafttraining mit freien Gewichten ist für Frauen in der Lebensmitte sicher und wirksam.
  • Prämenopausale Frauen profitieren in dieser Studie stärker in Bezug auf Muskel- und Fettmasse.
  • Postmenopausale Frauen bauen Kraft auf, aber bei diesem Trainingsumfang änderte sich ihre Körperzusammensetzung weniger deutlich.

Etwas genauer:

1. Alle Frauen wurden stärker.
Unabhängig davon, ob sie vor oder nach der Menopause waren und ob sie mit 50 % oder 75 % 1RM trainierten – alle Gruppen steigerten ihre Maximalkraft in Kniebeuge und Bankdrücken deutlich. Auch die Griffkraft verbesserte sich in allen Gruppen. (PMC)

2. Prämenopausale Frauen bauten mehr Muskelmasse auf – und verloren Fett.
In der prämenopausalen Gruppe zeigte sich nach den 10 Wochen Trainingsphase:

  • Mehr fettfreie Masse (Fat-Free Mass)
  • Mehr Muskelmasse
  • Weniger Fettmasse

Die Effekte waren bei der Muskelmasse sogar deutlich („starker“ Effekt in der statistischen Auswertung). (PMC)

3. Bei postmenopausalen Frauen blieb die Körperzusammensetzung relativ stabil.
Die postmenopausalen Frauen wurden zwar spürbar stärker, aber:

  • Muskelmasse und Fettmasse veränderten sich in diesem 10-Wochen-Programm nicht signifikant – egal, ob sie mit 50 % oder 75 % 1RM trainierten. (PMC)

Die Autor:innen schließen daraus:
Für Frauen nach der Menopause könnte der Umfang von 6–8 Sätzen pro Muskelgruppe und Woche zu gering sein, um deutliche Hypertrophie (Muskelaufbau) oder Körperfettveränderungen auszulösen. Wahrscheinlich braucht es mehr Trainingsvolumen – also mehr Sätze pro Woche – um ähnliche Effekte wie vor der Menopause zu erreichen (Isenmann et al., 2023). (PMC)

Was bedeutet das für dich in der Praxis?

  1. Freie Gewichte sind kein Männer-Spielzeug.
    Die Studie wurde ausschließlich mit freien Gewichten (plus Kabelzug/Latziehen) durchgeführt – und es gab keine Verletzungen. Für viele Alltagsbewegungen (Heben, Tragen, Treppe laufen, vom Boden aufstehen) sind freie Gewichte sogar näher an der Realität als Maschinen.
  2. Zweimal pro Woche reicht als Einstieg – aber Volumen zählt.
  • Für Frauen vor der Menopause können 2 Einheiten pro Woche mit etwa 6–8 Sätzen pro Muskelgruppe schon reichen, um Muskelmasse aufzubauen und Fettmasse zu reduzieren – vorausgesetzt, das Training ist sauber aufgebaut und ausreichend intensiv.
  • Für Frauen nach der Menopause ist das ein sehr guter Startpunkt, aber du solltest mittelfristig mit deiner Therapeutin/Trainerin das Volumen steigern (z. B. mehr Sätze, zusätzliche Einheit, Kombination mit Alltagsbewegung und Proteinstrategie), wenn der Fokus auf Muskelaufbau und Körperzusammensetzung liegt.
  1. Kraftzuwachs ist ein eigener, wichtiger Gesundheitsfaktor.
    Auch wenn sich auf der Waage oder beim Körperfett in 10 Wochen noch wenig tut, ist mehr Kraft Gold wert:
  • geringeres Sturzrisiko
  • besserer Umgang mit Alltagslasten
  • oft weniger Schmerzen bei Alltagsbelastungen
  • mehr Reserve für „Notfälle“ (z. B. schwer heben, stolpern abfangen).
  1. Menopause bedeutet Anpassung, nicht Kapitulation.
    Die Studie bestätigt, was wir aus anderen Arbeiten kennen:
  • Der Körper reagiert in und nach den Wechseljahren anders – aber nicht „gar nicht“ mehr.
  • Wir müssen Training klüger dosieren: mehr Volumen, ausreichend Protein, genug Regeneration und saubere Technik.

Grenzen der Studie – und warum sie trotzdem wertvoll ist

Um die Ergebnisse fair einzuordnen, lohnt ein kritischer Blick:

  • Die Teilnehmerinnenzahl ist relativ klein (31 Frauen haben die Studie komplett abgeschlossen).
  • Die Trainingsdauer von 10 Wochen ist kurz, wenn man bedenkt, wie langsam sich Gewebe wie Muskel und Bindegewebe langfristig verändern.
  • Ernährung wurde nicht streng kontrolliert, außer direkt nach dem Training, wo standardisierte Mahlzeiten gegeben wurden.

Trotzdem ist die Studie wichtig, weil:

  • Frauen hier im Mittelpunkt stehen – nicht als „Nebengruppe“ in einer Männerstudie.
  • Nur freie Gewichte eingesetzt wurden – das passt sehr gut zur Praxis im Studio oder in der Therapie.
  • Prä- und postmenopausale Frauen differenziert betrachtet werden – inklusive Hormonprofil. 

Fazit: Krafttraining lohnt sich – vor, während und nach der Menopause

Wenn du 40+ bist, lohnt sich ein strukturiertes Krafttraining mit freien Gewichten enorm:

  • Vor der Menopause kannst du damit Muskulatur aufbauen und Fettmasse reduzieren.
  • Nach der Menopause hilft es dir, Kraft, Funktion und Sicherheit im Alltag zu erhalten – und mit kluger Planung auch Muskulatur aufzubauen.

Wichtig ist weniger das perfekte Programm, sondern:

  • regelmäßiges Training
  • gut angepasste Belastung
  • sinnvolle Steigerung
  • und eine Begleitung, der du vertraust.

Wenn auch du regelmäßig mit kraftorientiertem Training starten möchtest, kannst du gleich hier deinen Termin buchen und wir planen dein Training individuell für dich.

Literatur

Isenmann, E., Kaluza, D., Havers, T., Elbeshausen, A., Geisler, S., Hofmann, K., Flenker, U., Diel, P., & Gavanda, S. (2023). Resistance training alters body composition in middle-aged women depending on menopause – A 20-week control trial. BMC Women’s Health, 23, 526. https://doi.org/10.1186/s12905-023-02671-y